Paddeln in Ecuador (2023)

Dem Winter entfliehen – eine reizvolle Idee, gerade für Paddler. Dieses Jahr zog es Tine und mich nach Südamerika, genauer gesagt: Ecuador.

Ecuador liegt auf dem Äquator, dh. hier ist ganzjährig warmes Wetter und jede Menge Niederschlag, der die Bäche füllt, die von den bis zu 6000m hohen Anden in Richtung Pazifik bzw. Amazonas fliessen. Während in den niedrigen Regionen schwülwarmes Wetter um die 30°C vorherrscht ist das Klima etwas höher sehr angenehm, und man wird auch nicht von fiesen Mücken geplagt.

Wir steigen am Tag vor Weihnachten in den Flieger, und knapp 19h Langeweile später sehen wir aus Fenster Quitos Hausvulkane Chimborazo, Cotopaxi und Antisana aus den Wolken schneebedeckt und kegelig herausragen – was für ein Empfang!

Vom Flughafen geht es dann per vorher arrangiertem Taxi in den Kayakhub Ecuadors, Baeza. In der auf 2000 m hoch gelegenen Siedlung gibt es im Umkreis von 200m 2 Kayakverleiher, Kayak Hostels, Bars und Restaurants. Hier findet man von Oktober bis März durchgängig Kayaker, hauptsächlich aus den USA und Kanada. So fällt es nicht schwer die ersten Erfahrungen mit dem ecuadorianischen Paddelstyle zu machen: Wir schliessen uns einer ultranetten Crew aus Quebec an, die schon die Taxis für eine Tour auf dem Quichos (El Chaco Canyon, WW3-4+) vorbestellt haben. Taxis? Richtig gelesen, genauer: Pickups. Je 4 (oder auch mehr) Boote passen auf die Ladefläche des Gefährts, und die Fahrer kennen alle Ein und Ausstiege der beliebten Sections. Für 20-60 USD Fixpreis ist man dabei, je nach Aufwand.

Der Flussabschnitt besteht aus offenem Wildwasser mit wuchtigen Schwällen und einem ruhigen, aber umso schöneren Canyon. Höhepunkt der Fahrt sicher der Katarakt „El Toro“, der schon den ein oder anderen Paddler aus dem Boot geworfen hat. Am Abend dieses langen Tages werden wir noch zum Weihnachtsabend in der Szenekneipe von Gina eingeladen, es wird gewichtelt und getanzt, vom Küchenpersonal bis zu den Paddlern. Das ist hier so: jeder ist freundlich, und neue Gesichter werden schnell integriert.

Shuttle El Chaco

Überhaupt herrscht hier ein Kommen und Gehen. Shuttles und Überlandbusse transportieren die Paddelnomaden, Man kommt, bleibt ein paar Tage und macht sich dann auf, um andere Reviere zu erkunden. So auch wir. Nach einem weiteren Tag und der Befahrung der legendären Cheesehouse und Puente a Puente Abschnitte (WW4-4+) stellen Tine und ich uns mit Sack und Pack an die Strasse und nehmen den nächsten Bus nach Süden, über Tena und Puyo ins Abenteuerdorf Ecuadors, Baños. Dort treffen wir am großartigen Camp https://abbyshideaway.com/ die bereits früher angereisten Paddler Seb, Dirk und Joe, mit denen wir uns für die nächste Zeit zusammentun wollen. Leider ist in Banos nur der Hauptfluß Pastaza fahrbar, sonst ist alles zu trocken. Das wird unseren Urlaub bestimmen, die Suche nach Gebieten mit ausreichend Wasser. Es hat hier entgegen der normalen Niederschlagsmengen für diese Zeit wenig geregnet, auch hier macht sich der Klimawandel bemerkbar.

Nach langem Hin und Her, Beratung mit Abby, der guten Kayakseele Ecuadors und einem reichhaltigen Frühstück entscheiden wir uns, die Andenseite zu wechseln und in Santa Domingo unser Glück zu versuchen. Hier ist die Infrastruktur weit spartanischer, wir residieren in einem einfachen Hotel direkt am Busbahnhof und ernähren uns in den lokalen Strassenbuden, Arroz con Pollo :). Nach etwas hin und her schaffen wir es sogar, trotz gebrochenem Spanisch einen Taxifahrer zu organisieren, der uns die nächsten Tage über begleitet. Es kann also weiter gehen.

Mit Abby in Banos

Gegenüber anderen beliebten Winterpaddel Gebieten (Chile, Sambesi, Neuseeland, Mexiko um nur die bekanntesten zu nennen) zeichnen sich die ecuadorianischen Flüsse durch eher kontinuierliches Gefälle aus, oben in den Anden steil, in den tiefer gelegenen Regionen wuchtig. Dabei befindet man sich meist im Regen- oder Nebelwald und kann abseits der Zivilisation durch einen grünen Dschungel fahren.

Santa Domingo wird wohl nicht meine Lieblingsregion werden. Auf der ansonsten traumhaften Malaute verziehe ich mir die Schulter und falle für 2 Tage aus, das Gejammer hällt sich aber angesichts der leckeren Quarkteilchen in Grenzen. In der Zeit versuchen die anderen sich am Toachi, dersich dann doch als wuchtiger entpuppt als ursprünglich vermutet. Es fehlt uns hier einfach etwas an der lokalen „Beta“. Am 3. Tag klappts auch bei mir nach ausgibigem Dehnen wieder, und wir paddeln den Pilaton, einen knackigen Zubringer des Toachi im Venter Ache Style.

Tine

Nachdem die Gegend für uns abgegrast ist und wir uns nicht auf die V-er Bäche trauen beschliessen wir, den Nachtbus nach Macas zu nehmen. Mit etwas Bestechung gelingt es uns trotz Silvesterverkehr und gegen alle Vorhersagen, mit 4 Booten, Paddeln und Reisesachen einen Platz im Fernbus zu ergattern und dösen/düsen mit blustrünstiger Actionfilm Unterhaltung wieder nach Süden un dauf die Amazonasseite der Anden.

Boote in Bussen 🙂

In Macas lernen wir den Local Christian kennen der uns auch gleich auf einen schönen Run einlädt. Abends geniessen wir dann noch den Jahreswechsel in der Stadt, mit einer atemberaubenden Bimmelbahnfahrt, Blick auf den glühenden Vulkan Sangay und der feierlichen Verbrennung von Puppen aus Pappmasché. Am Neujahrstag ist es komischerweise schwer, Taxis zu bekommen, aber nach einigen hin und her klappts dann doch, aber aus der Befahrung der Tutanangoza schlucht wird aufgrund Wassermangels dann doch „nur“ der leichtere Abschnitt befahren. Als Abschluss gehts dann noch auf den Amazonas Zubringer Upano, der hier vor kurzem sein gefühlt Kilometer breites Bachbett und einige Brücken verlegt hat.

Als nächstes gehts wieder zurück Richtung Tena, wo wir in einen traumhaften Kayak Camp von Gabriel bleiben. Wir treffen auch wieder auf Abby aus Es folgen Befahrungen von Misuahili (upper & lower), Jondachi & Hollin, letzterer mit traumhaftem Abschlussessen an einer Lodge.

Lower Misuahili

Als Abschluss kehren wir nochmal nach Baeza zurück. Ich habe noch ein paar Tage, die ich entspannt mit neuen Freunden aus Quebec verbringe, auf dem Bach, in den Papallacta Thermen oder auf einem atemraubenden Spatziergang auf 4000m. Sogar für eine Abschlussfahrt auf dem Rio Cosanga langt es noch.

Fazit: Ecuador ist ein faszinierendes Land zum Paddeln, sobald man sich an die Eigenheiten gewöhnt hat, besonders den Transport. Gerade im mittleren Schwierigkeitsgrad gibt es hier einiges zu bieten, und zumindest an den Hubs findet man hier auch jederzeit Mitpaddler. Ja, gerade macht Ecuador leider eher durch Drogenkartelle von sich reden, aber die haben wir bis auf verstärkte Kontrollen nicht bemerkt und die Menschen hier sind mega freundlich und hilfsbereit.

INFO:
Beste Zeit: November bis März
Impfungen: Gelbfieber, HepA, Malaria bei längeren Aufenthalten
Schwierigkeiten: alles von WW 2-5, auch gut für leicht fortgeschrittene Paddler.
Besondere Gefahren: Flash Flood, Im Dschungle verloren gehen, Dünnschiss (Floratil wirkt:)
Weitere Sehenswürdigkeiten: Urwald, Vulkane, Vögel
Währung: USD
Unterkunft: Typischerweise Hotel/Hostel 10-20$/Nacht
Kosten: Taxi für 4 Boote ca. 60$/Tag, Bus 10$ mit Boot
Verpflegung: Street food 3-5$, Restaurant 20$
Material: Alles bis auf Boote sollte man mitbringen, Boote selbst kann man in Baeza mieten (30$/Tag), oder (günstiger!) vorab über eine Facebookgruppe kaufen und wieder verkaufen. In Ecuador herrscht Mangel an Kajakausstattung, alles ist willkommen.

Links:
https://www.kayakhostelecuador.com/
https://abbyshideaway.com/
https://boofsessions.com/rivers

Bilder: Pit, Sebastian, Joachim
Vorheriger Beitrag
Newsletter #01-2024 und #02-2024
Nächster Beitrag
Cevennen revisited (2024)
Cookie Consent mit Real Cookie Banner